USA
Chaos in Washington: Trump-Anhänger stürmen Kapitol
Stand 07.01.21 - 09:36 Uhr
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Am US-Parlamentssitz haben sich am Mittwoch nie da gewesene Szenen abgespielt. Anhänger des abgewählten Präsidenten Trump stürmten das Kapitol. Bei den Ausschreitungen gab es mehrere Tote.
Unterstützer von US-Präsident Trump stürmen das Kapitol in Washington. Foto: John Minchillo/AP/dpa
Nationalgarde muss einschreiten
Washington (dpa) – Proteste wütender Anhänger des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump in der Hauptstadt Washington sind am Mittwoch (Ortszeit) eskaliert und haben das politische Zentrum der USA zeitweise in beispielloses Chaos gestürzt.
- Anzeige -Vier Menschen sterben bei Protesten
Nach einer aufstachelnden Rede des Republikaners marschierten Trump-Unterstützer vor dem Kapitol auf, dem Sitz des US-Parlaments, um gegen die Zertifizierung der Präsidentschaftswahlergebnisse zu protestieren. Randalierer stürmten das Kongressgebäude.
Nach der gewaltsamen Erstürmung des Kapitols durch Trump-Unterstützer wurde eine Frau angeschossen – sie starb wenig später, wie der Chef der Polizei in der US-Hauptstadt, Robert Contee, in der Nacht zu Donnerstag sagte. «Darüber hinaus wurden heute drei weitere Todesfälle aus der Umgebung des Kapitols gemeldet. Eine erwachsene Frau und zwei erwachsene Männer scheinen an unterschiedlichen medizinischen Notfällen gelitten zu haben, die zu ihrem Tod führten.»
Contee sagte weiter, bei den Zusammenstößen seien mindestens 14 Polizisten verletzt worden, zwei davon schwer. Mehr als 50 Menschen seien festgenommen worden.
Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Randalierer Scheiben zerschlugen, sich so Zugang zum Gebäude verschafften und auch in Abgeordnetenbüros eindrangen. Auf einem anderen Bild posierte ein Demonstrant im geräumten Senatssaal mit erhobener Faust auf dem Platz des Kammervorsitzenden. Erst nach mehreren Stunden brachten Sicherheitskräfte die Lage am Parlamentssitz wieder unter ihre Kontrolle. Kurz darauf nahm der Kongress seine Arbeit wieder auf.
Kurzzeitig nächtliche Ausgangssperre für Bürger
Angesichts der Ausschreitungen wurde die Nationalgarde mobilisiert. Im Kapitol schwärmten bewaffnete Sicherheitskräfte durch die Räume, um die Unruhestifter zu stellen. In Washington trat am Abend eine Ausgangssperre bis zum frühen Donnerstagmorgen in Kraft. Auch für die angrenzenden Städte Arlington und Alexandria wurde eine nächtliche Ausgangssperre verhängt.
Biden: Angriff auf die Demokratie
Mehrere demokratische Kongressabgeordnete gaben Trump persönlich die Schuld für die Eskalation und forderten ein erneutes Amtsenthebungsverfahren gegen ihn. Aber auch mehrere Republikaner warfen Trump öffentlich vor, er habe den Aufruhr angezettelt.
Der künftige US-Präsident Joe Biden sprach von einem Angriff auf die Demokratie. «Das Kapitol zu stürmen, Fenster einzuschlagen, Büros zu besetzen, den Senat der Vereinigten Staaten zu besetzen, durch die Schreibtische des Repräsentantenhauses im Kapitol zu wühlen und die Sicherheit ordnungsgemäß gewählter Beamter zu bedrohen, ist kein Protest», sagte der Demokrat. «Es ist Aufruhr.»
- Anzeige -Trump hatte Anhänger kurz zuvor aufgestachelt
Im Kapitol hatten sich das Repräsentantenhaus und der Senat am Mittwochmittag (Ortszeit) versammelt, um die Ergebnisse der US-Präsidentenwahl vom November – und Bidens Sieg – offiziell zu bestätigen. Trump hatte die Wahl mit deutlichem Abstand gegen seinen Herausforderer Biden verloren – will seine Niederlage aber nicht eingestehen. Trump behauptet, er sei durch erheblichen Betrug um den Sieg gebracht worden. Weder er noch seine Anwälte legten stichhaltige Beweise dafür vor. Dutzende Klagen des Trump-Lagers wurden bislang von Gerichten abgeschmettert, auch vom Obersten US-Gericht.
Kurz vor dem Start der Kongresssitzung war Trump nahe dem Kapitol vor seinen Anhängern aufgetreten, hatte unbelegte Wahlbetrugsbehauptungen wiederholt und seine Unterstützer aufgerufen, zum Kapitol zu ziehen. Sie dürften sich den «Diebstahl» der Wahl nicht gefallen lassen.
Nachdem zahlreiche Politiker eindringlich an Trump appellierten, den Gewaltausbruch zu stoppen, veröffentlichte der Präsident auf Twitter eine Videobotschaft, in der er seine Anhänger aufrief abzuziehen. Er verstehe den Ärger über den Ausgang der Wahl, «aber ihr müsst jetzt nach Hause gehen», sagte Trump in dem Clip. Zugleich sagte er an die Adresse seiner Anhänger: «Wir lieben euch.» Später schrieb er in einem weiteren Tweet, solche «Dinge und Geschehnisse» passierten eben, wenn «ein Erdrutschsieg» gestohlen werde. «Erinnert Euch für immer an diesen Tag!», schob er nach.
- Anzeige -Twitter sperrt Trumps Konto vorübergehend
Twitter sperrte Trumps Konto schließlich für zwölf Stunden. Drei Tweets des Accounts hätten «wiederholt und schwerwiegend» gegen die Richtlinien der Plattform verstoßen, erklärte der Kurznachrichtendienst zur Begründung.
Anders als Trump verurteilte US-Vizepräsident Mike Pence die Ausschreitungen scharf. Pence leitete die Kongresssitzung zur Zertifizierung der Wahlergebnisse. Trump hatte ihn direkt dazu aufgerufen, sich gegen die Bestätigung von Bidens Sieg zu stellen – entgegen den Gesetzesvorgaben. Pence, seinem Chef sonst stets treu ergeben, wies das Ansinnen jedoch zurück.
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